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Ned deppat: Bio-Bier aus Österreich.

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© Jürgen Schmücking, biogenussmarketing

Ohne ein Fass aufmachen zu wollen: Mit dem im Unterhemd vorm Fernseher hockenden Edmund „Mundl“ Sackbauer hat der klassische Biertrinker wahrscheinlich mehr gemein als mit der Runde, die sich am 22. Mai im essen:z Kochstudio versammelt hat. Im Gegensatz zu den Teilnehmern des FiBL Tasting_forums unter dem Motto „Entdecke das Bier in dir“, greift der Durchschnitts-Biertrinker eher zu konventionellem als zu biologischem Bier. Nichtsdestotrotz gibt es immer mehr Brauereien, die gegen den Strom schwimmen und auf traditionelle Verfahren zurückgreifen. Durch die über 1000 Sorten, die in 180 österreichischen Brauereien erzeugt werden, konnten wir uns freilich nicht kosten, dafür schenkte uns Gusswerk Braumeister Reinhold Barta neben seinen Kreationen reinen Wein, pardon, reines Bier in Sachen Braukunst ein. Unter Anleitung von ihm, Reinhard Gessl und Jürgen Schmücking wurde eine Auswahl an biologischen obergärigen, untergärigen, Weiß- und Roggenbieren, Zwickl sowie Starkbieren von Gusswerk, Kapsreiter und aus den Brauereien Schlägl, Neufelden, Schrems, Weitra und Freistadt verkostet.

© Jürgen Schmücking, biogenussmarketing

Biobier schmeckt zwar nicht anders, wird aber aus Rohstoffen in Bioqualität ohne synthetische Hilfsmittel gebraut. Das kann durchaus ein paar Wochen länger dauern als bei industriell hergestelltem Bier, welches mithilfe von ebenso unnatürlichen wie unaussprechlichen Stoffen wie Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP) filtriert bzw. haltbar gemacht wird. Wirklich groß sind die Unterschiede allerdings erst im Vergleich zu biologisch-dynamischem Bier, dem sich weltweit überhaupt nur zwei Brauereien und ein einziger Hopfenbauer verschrieben haben. Weil es den österreichischen Mundls egal ist, ob auf ihrem Bier „demeter“ steht, sie aber die Kassiererin im Supermarkt, wenn sie dafür einen Euro mehr verlangt, fragen, ob sie ein bissl deppert ist, hat sich der Gusswerk Braumeister beim Großteil seiner Biere gegen eine Zertifizierung entschieden. Und das, obwohl er diese bereits seit sechs Jahren nach Demeter-Richtlinien braut. Ob konventionell, bio oder bio-dynamisch, Bier besteht zu rund 92 Prozent aus Wasser, aus Getreide wie Gerste, Roggen oder Weizen und aus Hopfen. Während das Getreidemalz dem Lieblingsgetränk der Österreicher seine Farbe verleiht, ist es vor allem der Hopfen, der sich erschnuppern und erschmecken lässt. Statt wie Gelegenheits-Biertrinker zwischen “schmeckt” und “schmeckt nicht” zu unterscheiden, nehmen geschulte Genießergaumen einmal (Vollbier) eine fruchtige Apfel- und ein andermal (Weißbier) eine Bananen- oder Gewürznote wahr. Reinhold Barta ist überzeugt, „ein Bier schmeckt immer so, wie es der Braumeister will“. Auch wenn der Salzburger nicht viel mit Magie und Esoterik am Hut hat, berücksichtigt er beim Brauen seines Biers die Mondphasen. Neben dem Meer, dem Verhalten von Tieren und meinem Schlafrhythmus scheint der Mond nämlich auch Einfluss auf die Aktivität der (Bio-)Hefen, die für die Gärung und den typischen Geschmack von Bier verantwortlich sind, zu haben. Der Vollmondparty von einer Million Hefezellen pro Milliliter Weißbier können wohl nicht einmal die grandiosen Feten in der Ottakringer Brauerei das Wasser reichen.

© Jürgen Schmücking, biogenussmarketing

Dass der Braumeister wiederholt von „Zeug“ spricht, hängt nicht mit dem zur späten Stunde vorangeschrittenen Bierkonsum zusammen, der Begriff stammt lediglich aus einer Zeit, in der noch nicht erforscht war, wie es durch die Hefe zur Gärung kommt. Wie beim Brotbacken mit Sauerteig wurde auch beim Bierbrauen immer ein wenig Zeug aufbewahrt und wiederverwendet, zum Teil auch heute noch. Nicht nur im Geschmack, auch in Sachen Vielfalt steht Biobier seinem konventionellen Pendant in nichts nach. Fruchtbiere und Exoten wie Ales oder Pale Ales setzen dem biologischen Angebot die Schaumkrone auf und spätestens bei Spezialitäten wie dem proseccoartigen „Cerevinum“, dem Dreifachbock „Horny Betty“ und dem 11,5-prozentigen Starkbier „Dies Irae“ wird jedem klar, dass das Glas der heimischen Biobier-Szene eindeutig halb voll ist. Die Zukunft lässt sich nun mal am besten mit Qualität und Umweltbewusstsein schön trinken.



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